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Wiener-Portraits
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WIENER WO?  WIENER  WER?  WIENER WIE? 

02.-07.  Juni  2025  jeweils 18 Uhr
Bahnhofsplatz Stuttgart-Feuerbach
Die Veranstaltungsreihe zur Umwidmung des Wiener-Platzes in Stuttgart-Feuerbach stellt im Rahmen einer Aktionswoche die namensgebenden Wiener-Persönlichkeiten vor.
Eine künstlerische Intervention von Dr. Martina Baum, Giuliana Fronte, Stephan Köperl, Markus Vogl und Sylvia Winkler
Die Frage, wo sich der Wiener‐Platz in Stuttgart‐Feuerbach tatsächlich befindet, ist nicht einfach zu beantworten. Er umfasst nicht nur den, bis 1938 Postplatz genannten, Bereich der Straßenkreuzung Wiener‐/Steiermärker-Straße, den Platz um den Hochbunker und den Bahnhofsvorplatz, sondern ebenfalls den zukünftigen 'Quartiersplatz', auf dem sich bis vor einigen Jahren das Postgebäude und das 'Schoch‐Areal' befanden.

Bei Betrachtung des gesamten heutigen Wiener‐Platzes fällt auf, dass dieser zum einen durch die oberirdisch verlaufende Straßenbahnlinie geteilt wird, zum anderen jedoch durch den unter den Gleisen liegenden Bunker verbunden ist. Obwohl nur das unscheinbare Eingangsgebäude des Bunkers sichtbar ist, geht von dessen Baumasse und historischer Dimension eine bestimmende Wirkkraft aus.

Zwei Jahre bevor die Nationalsozialisten 1940 mit dem Bau des Bunkers am Postplatz begannen, wurde dieser aus Anlass eines Hitlerbesuchs in Stuttgart zusammen mit den umliegenden Straßen einer Umbenennung unterzogen, welche die Verbundenheit zwischen Deutschland und Österreich zum Ausdruck bringen sollte. Diese Umbenennung wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht rückgängig gemacht, sondern bis heute beibehalten.

Im Rahmen des Wettbewerbs 'Bunker.Resonanz' werden sechs Teilbereiche des Wiener Platzes neu bestimmt und bedeutenden Persönlichkeiten, die alle den Nachname 'Wiener' tragen, gewidmet. Während der Aktionswoche vom 2.-7. Juni 2025 stellen Expert*innen aus Kultur und Wissenschaft die neuen Namenspatron*innen vor.

Veranstaltungen

  • Renée-Wiener-Platz

    Montag, 2. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Renée‐Wiener‐Platzes mit einem Vortrag von Prof. Albert Lichtblau, Universität Salzburg.
  • Oswald-Wiener-Platz

    Dienstag, 3. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Oswald‐Wiener‐Platzes mit einem Vortrag von Dr. Thomas Raab, Merz Akademie Stuttgart.
  • Sarah-Wiener-Platz

    Mittwoch, 4. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Sarah‐Wiener‐Platzes mit Sarah Wiener.
  • Norbert-Wiener-Platz

    Donnerstag, 5. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Norbert‐Wiener‐Platzes mit einem Vortrag von Prof. Nicole Radde, Universität Stuttgart und Dr. Liv Proenneke.
  • Alfred-Wiener-Platz

    Freitag, 6. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Alfred‐Wiener‐Platzes mit einem Vortrag von Toby Simpson, Direktor der Wiener Holocaust Library London.
  • Wilhelm-Wiener-Platz

    Samstag, 7. Juni 2025
    18 Uhr

    Eröffnung des Wilhelm‐Wiener‐Platzes mit einem Vortrag von Prof. em. Michael Weingarten, Philosoph.
Der Bunker wird zum Referenzpunkt und zum Veranstaltungsrahmen der Vortragsreihe und öffnet den Weg zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der historischen und künftigen Dimension des Ortes.

Portraits der Wiener-Persönlichkeiten

  • Renée Wiener

    1924 - 2018

    Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus,
    Schriftstellerin
    Geboren als Renate Kurz in Wien; 1938 Flucht der Familie über Italien nach Belgien und Südfrankreich; ihr Vater Leopold wird 1943 in Nizza verhaftet, von den Nazis vermutlich nach Auschwitz deportiert und ermordet; Renée organisiert für ihre Mutter und ihre Schwester ein Versteck und schliesst sich der französischen Résistance an, in deren Rahmen sie Kinder versteckt und illegale Kindertransporte über die Berge in die Schweiz organisiert und durchführt; 1947 Emigration in die USA, wo sie bis zu ihrer Pensionierung als Sozialarbeiterin arbeitet.
    Abbildung: A. Lichtblau
  • Oswald Wiener

    1935 - 2021

    Schriftsteller, Künstler,

    Kybernetiker und Gastronom
    1954-1964 Wiener Gruppe (mit H. C. Artmann, Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm), welche Sprache als optisches und akustisches Material auffasst. 1963-67 Datenverarbeitungsspezialist bei Olivetti. 1965-67 'Die Verbesserung von Mitteleuropa', erschienen als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift manuskripte. Der Text setzt sich mit Sprache und deren Manipulation durch das Bewusstsein auseinander. Der dazugehörende 'appendix A: der bio-adapter' beschreibt das Konzept eines 'Glücksanzugs' - einer utopischen Maschine, die Körper und Geist der darin Eingeschlossenen übernimmt und heute als eine frühe Vision von Cyberspace und Social Media gelesen wird.

    1968 Mitinitiator der Aktion 'Kunst und Revolution' an der Universität Wien, u.a. mit Günter Brus, Otto Muehl, Peter Weibel, welche, auf Einladung des Bundes sozialistischer Studenten unter Absingen der österreichischen Bundeshymne auf die Nationalflagge pissten, kotzten, masturbierten.
    1969 Flucht nach Berlin, um einer Verhaftung zu entgehen. Dort Betreiber verschiedener Lokale, Promotion in Mathematik u. Informatik.

    Ab 1986 lebt er in Dawson/Kanada und Birkfeld/Steiermark, wo er sich mit Kognitionswissenschaften und künstlerisch-philosophischer Literatur beschäftigt.
    1992 - 2004 Professur für Poetik und künstlerische Ästhetik an der Kunstakademie Düsseldorf.
    Abbildung: Österreichische Nationalbibliothek
  • Sarah Wiener

    *1962

    Ernährungsaktivistin, Köchin,
    Unternehmerin und Politikerin
    Tochter von Oswald Wiener und der österreichischen Künstlerin Lore Heuermann. Mit 17 verlässt sie die Schule und trampt durch Europa. Lernt im Restaurant ihres Vaters in Berlin das Kochen. 1990 Gründung eines Catering-Unternehmen für Filmcrews.

    Ab 1999 Lokale im Deutschen Technikmuseum, Akademie der Künste, Museum für Kommunikation in Berlin, sowie Mercedes-Benz Museum in Stuttgart. Biozertifiziert sind das Restaurant im Hamburger Bahnhof und eine Holzofenbäckerei in Berlin. In der Uckermark betreibt sie einen Bio-Bauernhof. Seit 2004 Auftritte in Talkshows und Kochsendungen.

    Engagement für artgemäße Tierzucht und den Erhalt der biologischen Vielfalt.
    2011 deutsche Botschafterin der UN-Dekade Biologische Vielfalt und 2015 UN-Botschafterin zum Jahr des Bodens. Ihre Sarah Wiener Stiftung fördert Bewusstsein für gesunde Ernährung durch Kochkurse an Grundschulen und den Besuch von Bauernhöfen.

    2019-2024 Abgeordnete der österreichischen Grünen im Europaparlament und Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.
    Abbildung: Animagus
  • Norbert Wiener

    1894 - 1964

    Philosoph, Mathematiker,
    Begründer der Kybernetik
    Mit 18 Jahren Promotion in Harvard zu mathematischer Logik. Beschäftigung mit Problemen der Wahrscheinlichkeitsrechnung, Funktionalanalysis, Potentialtheorie und mathematischer Physik. Er unterrichtet Philosophie in Harvard und Mathematik am Massachusetts Institute of Technology, Boston. Ab 1918 ballistische Versuche für das Militär. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet er an der Entwicklung elektronischer Geräte für ballistische Berechnungen. Entwicklung eines Modells, mit dem die Flugbahn eines Flugzeugs aufgrund der Verhaltensanalyse des sich verfolgt wissenden Piloten vorhersagt werden kann. Nach Kriegsende besorgt, über die politische Einmischung in wissenschaftliche Forschung und Militarisierung der Wissenschaft. 1946 distanziert er sich von weiterer Mitwirkung an militärischen Projekten.

    Aus der Beschäftigung mit Gemeinsamkeiten von Gehirn und Computern begründet 1948 sein Buch 'Cybernetics, or control and communication in the animal and the machine' die Kybernetik. Seine Analyse von Systemen und Mensch-Maschine-Interaktionen zur Berechnung der Dynamik und Stabilität von rückgekoppelten Systemen beschreibt auch deren Analogien zum menschlichen Gehirn und zu sozialen Organisationen.

    Im Bereich der Mathematik Beschäftigung mit der Analyse des Verhaltens zielsuchender Systeme, insbesondere mit Stochastik, harmonischer Analysis und Funktionentheorie, u.a. mit der brownschen Molekularbewegung. Nach ihm sind der Wiener-Filter, Wiener-Prozess, die Wiener-Chaos-Zerlegung und die Wiener-Wurst benannt, bei welcher eine offene Kugel, deren Zentrum eine brownsche Bewegung vollzieht, betrachtet wird.
    Abbildung: Garry Olsh
  • Alfred Wiener

    1885 - 1964

    Publizist, Dokumentarist und Aufklärer
    der Verbrechen des Naziregimes
    Studium der Geschichte, Philosophie, jüdischen Theologie und orientalische Sprachen in Berlin. 1909 - 1911 Studienaufenthalt im Nahen Osten. Als Vertreter des 'Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens' (ab 1919) identifiziert er die NSDAP schon 1925 als Hauptbedrohung für die Jüdinnen und Juden in Deutschland. 1928 'Büro Wilhelmstraße', welches die Aktivitäten der Nazis dokumentiert und bis 1933 Anti-Nazi-Material veröffentlicht.

    Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 Flucht nach Amsterdam und Gründung des 'Jewish Central Information Office' (JCIO). 1939 Flucht mit der Dokumenten-Sammlung nach London, später in die USA, wo er für die amerikanische und britische Regierung arbeitet. Seine Frau und die drei Töchter bleiben in den Niederlanden und werden 1943 im KZ Bergen-Belsen inhaftiert, Margarethe Wiener stirbt 1945, kurz nach einem Gefangenenaustausch, an Entkräftung. 1945 Rückkehr Alfred Wieners nach London, Umwandlung des JCIO in eine Bibliothek und ein Forschungszentrum, heute 'The Wiener Library for the Study of the Holocaust and Genocide'. Ab den 1950er Jahren Reisen nach Deutschland, um Vorträge für Jugendliche zu halten.

    2017 veröffentlicht die Wiener Library 900 Gigabyte Daten, die dokumentieren, wie Alliierte mit den Kriegsverbrechen von 1943-1949 umgingen. Um diese Belege in UN-Archiven auszuwerten, benötigten Historiker bisher die Genehmigung ihrer Regierung oder des UN-Generalsekretärs.
    Abbildung: Wiener Holocaust Library Collections
  • Wilhelm Wiener

    Pseudonym von Minna Kautsky

    1837 - 1912

    Schauspielerin und Schriftstellerin
    Geborene Wilhelmine Jaich, Schauspielerin unter anderem in Prag, später vor allem als Schriftstellerin in Wien und Berlin tätig. Durch ihren Sohn Karl Kautsky wird sie mit sozialistischen Ideen bekannt und besucht 1885 Friedrich Engels in London. Freundschaft mit Wilhelm Liebknecht (Mitbegründer der SPD), Victor Adler und Rosa Luxemburg. Veröffentlichungen, u.a. unter dem Pseudonym Wilhelm Wiener in den sozialdemokratischen Blättern 'Neue Welt' und 'Neue Zeit', die stark von den Ideen der Frauenbewegung geprägt sind. Autorin mehrere Romane.

    1886 - 1887 Präsidentin des Wiener Schriftsteller- und Künstlervereins. Namensgeberin des 'Minna Kautsky Literaturpreises' des Frauenreferats Graz.
    Abbildung: Wienmuseum
Unser Dank gilt: Alfred Wiener, Sarah Wiener, Oswald Wiener, Renée Wiener, Wilhelm Wiener und Norbert Wiener sowie den jeweiligen Referent:innen, wie auch dem Kulturamt der Stadt Stuttgart.
Übersicht: Bahnhofsvorplatz Stuttgart-Feuerbach.
Die genauen Veranstaltungsorte werden hier rechtzeitig bekannt gegeben. 
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Das Kunstprojekt 'Bunker.Resonanz' zum Bahnhofsvorplatz in Stuttgart-Feuerbach ist vom Kulturamt der Landeshauptstadt Stuttgart gefördert.
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